16.-20. Juni 2005
Ralf war 1992 bereits dort und hat so davon geschwärmt, dass ich die Verdon-Schlucht auch endlich einmal sehen wollte. Er hatte tatsächlich nicht übertrieben: Die Verdon-Schlucht ist atemberaubend. Gigantische Felswände, tiefe Einblicke von oben, satt-türkisfarbenes Wasser am Grund, sowohl mit Worten als auch per Fotoapparat ist es kaum möglich, diese überwältigende Landschaft zu beschreiben oder einzufangen. Versuchen wir es dennoch:
Der Fluss hat sich als Grand Canyon du Verdon 21 km lang bis zu 700 m tief in das Kalksteinplateau eingegraben. Sein Wasser wurde im Lac Sainte-Croix unterhalb der Schlucht angestaut, wodurch ein Teil der Schlucht auch mit dem Boot befahrbar ist. Nördlich und südlich schlängeln sich oberhalb der Schlucht zwei Panoramastraßen, die nördliche führt durch den einzigen nennenswerten Ort am Canyon - la Palud sur Verdon. Die Badefreunde benutzen die Campingmöglichkeiten am Stausee, wenn man aber die Schlucht erkunden will, empfiehlt es sich, oberhalb der Schlucht zu zelten. Wir haben an der nördlichen Panoramastraße einen kleinen, einsamen und malerischen Zeltplatz gefunden (Zufahrt direkt in einer auffälligen Haarnadelkurve), ganz einfache Ausstattung (Häuschen mit Dusche, WC, Küche) aber mit phantastischem Blick über die Schlucht. Rosmarin und Thymian wachsen direkt in den Kochtopf. Lecker.
Ungefähr in der Mitte der Schlucht führt bei der Hütte La Maline (nördliche Panoramastraße) ein steiler Weg ca. 350 m bis zur Talsohle. Unten angekommen, kann man entweder den Weg Martel Richtung Point Sublime oder den Weg zum Imbut (Trichter) gehen. Über den Steg von Estellié (einzige Brücke im Canyon) führt ein Pfad auf der anderen Seite des Canyons wieder nach oben (Gaststätte Les Cavaliers). Wir entschieden uns bei unserer ersten Wanderung für den Weg Martel, den wir uns schattig am plätschernden Flüsschen vorgestellt hatten. Tatsächlich hat er es aber richtig in sich. Der Weg hat große Höhenunterschiede, man wandert meist in der sengenden Sonne und kommt nur recht selten ans Wasser. Dafür sind die Ausblicke spektakulär. Auf jeden Fall muss man ausreichend Getränke mitnehmen und genügend Zeit auch für Rast und Baden einplanen (Im Wanderführer, den man in jedem Laden in der Nähe der Verdon-Schlucht auch auf deutsch bekommt, steht eine Gehzeit von 6-7 Stunden). Kurz vor dem Ende der Wanderung gibt es mehrere längere Tunnel - also unbedingt eine Taschenlampe mitnehmen!
In die Verdon-Schlucht kann man auf dem Stausee Lac de Sainte-Croix hineinfahren. Am See gibt es mehrere Bootsverleiher, dadurch reiht sich im Canyon tagsüber Boot an Boot bzw. Tretboot, Geräuschpegel ungefähr wie im Freibad. Mit unserem Schlauchkanadier, der sich auch hervorragend als Badeboot eignet, paddelten wir zuerst auf dem Stausee und fuhren erst am späten Nachmittag in den Canyon hinein. Nachdem 18 Uhr die Bootsverleiher geschlossen hatten, waren wir dann ganz für uns allein in der Schlucht. Traumhaft.
Die zweite Schluchtwanderung zum "Imbut" begannen wir an der Gaststätte Les Cavaliers (südliche Panoramastraße). Auf der Talsohle führt der Weg nah am Wasser entlang, ist relativ schattig, aber auch recht anstrengend. Man kommt an den bizarren Auswaschungen "Le Styx" vorbei und am Imbut (Trichter) verschwindet der Verdon für mehrere hundert Meter. Dort endet auch der Weg. Zurück gingen wir über den Klettersteig Sentier Vidal. Wenn ich meine Klettersteigausrüstung dabei gehabt hätte, wäre ich ohne sie keinen Meter geklettert, aber erstaunlicherweise ging es auch ohne. Wir geben dem Wanderführer Recht: L'Imbut ist zweifelsohne der schönste Weg in der Verdon-Schlucht.
Eigentlich wollten wir noch eine Bergtour auf den Robion machen, aber es war so schwül und heiß, dass selbst unser Auto aufgab und wir uns erst einmal darum kümmern mussten. Immerhin hat uns auf diese Weise das Unwetter am Berg nicht erwischt. Glück gehabt.
Fazit: Der Grand Canyon du Verdon ist großartig. Wenn man es irgendwie ermöglichen kann, muss man sich das alles in natura ansehen.
Susi