Mitte Juni 2017
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In diesem Sommer verbrachten wir einen weiteren Urlaub in unserem Nachbarland Tschechien. Tschechien steht auf der Liste der Reiseziele der Deutschen nicht besonders weit oben und das bestimmt zu Unrecht. Wir waren natĂŒrlich auch in Prag und an anderen touristischen Orten, aber gerade bei unseren verschiedenen Paddeltouren erlebten wir auch hĂ€ufig lĂ€ndliche Gegenden.
Wir haben den Eindruck, dass Tschechien nach der politischen Wende Anfang der 90er Jahre einen sehr guten Weg eingeschlagen hat. Der heutige Zustand zeigt, dass Dinge, die in Deutschland als "alternativlos" bezeichnet wurden, auch anders gelöst werden können. In Deutschland gab es den rigorosen Anschluss des Ostens, in Russland einen gnadenlosen Turbokapitalismus. In Tschechien (und der Slowakei) ging die Entwicklung allmĂ€hlicher vonstatten. Verglichen mit den westlichen EU-LĂ€ndern haben die Tschechen zwar ein geringeres Pro-Kopf-Einkommen, aber dafĂŒr auch die geringste Arbeitslosenquote innerhalb der EU.
Man sieht ĂŒberhaupt keine heruntergekommenen oder verfallenen Gegenden mehr. Die Orte sind auch auf dem Land sauber und gepflegt; die StraĂen waren ja auch frĂŒher schon immer recht gut. Aber auch der ĂPNV funktioniert: Selbst wenn auf kleinen Nebenstrecken noch alte Fahrzeuge unterwegs sind, sind sie dennoch gut in Schuss und pĂŒnktlich. Auch in kleinen Orten gibt es noch funktionierende Tante-Emma-LĂ€den und die SchĂ€nken mit meist leckerem Essen sind abends gut besetzt. Vom hervorragenden tschechischen Bier muss man ja gar nicht reden. Und obwohl die Tschechen den höchsten Bierverbrauch der Welt haben, sahen wir keine Alkoholentgleisungen wie sie in Russland vorkommen oder auf dem Oktoberfest.
In Tschechien hat man auch nicht den Eindruck, dass sich eine groĂe machthabende Oberschicht von Neureichen gebildet hat. Ganz im Gegenteil: Die Menschen, denen wir begegnet sind, waren sehr bodenstĂ€ndig, gingen respekt- und rĂŒcksichtsvoll miteinander um, nicht zuletzt auch im StraĂenverkehr. Dort sind auch so gut wie keine Protzautos oder fetten SUVs unterwegs.
Wir konnten auch ein paar Tschechen nĂ€her kennen lernen und hatten gerade bei unseren Paddeltouren viele persönliche GesprĂ€che, da sehr viele Tschechen inzwischen gut englisch sprechen. Wir waren auch an Orten, an denen ĂŒberhaupt kein anderer auslĂ€ndischer Tourist zu sehen war.
Die Tschechen haben eine angenehm entspannte Lebensart - kein gnadenloser Wettbewerb und nicht ausschlieĂliche Orientierung auf Beruf und Karriere. FĂŒr ihre Freizeit und zur Erholung sind in Tschechien die kleinen WochenendhĂ€uschen sehr verbreitet. Wer keine Chata hat, fĂ€hrt am Wochenende einfach mit dem Zelt raus und solche einfachen FreizeitbeschĂ€ftigungen wie Paddeln und Wandern sind Ă€uĂerst beliebt. Die Menschen sind bescheiden und weniger geldorientiert und man hat den Eindruck einer allgemeinen Zufriedenheit.
In diesem Urlaub paddelten wir auf der Luznice und der Sazava, wanderten im Böhmischen Paradies und sahen uns ein paar Tage Prag an. Daneben waren wir noch in kleineren StÀdten wie Telc, Jindrichuv Hradec und Kutna Hora. Ein paar Fotos davon haben wir hier gesammelt.
Wer noch nie oder schon lĂ€nger nicht in Tschechien war, der sollte das fĂŒr die Urlaubsplanung durchaus mal in ErwĂ€gung ziehen. Es lohnt sich bestimmt. Man muss fĂŒr einen schönen Urlaub nicht unbedingt nach New York, Neuseeland oder die Malediven fliegen. Verhaltet Euch in Tschechien aber bitte nicht "wie die Deutschen". (Das haben wir auf zwei PlĂ€tzen erlebt und das war ziemlich peinlich.) Verzogene Kinder und Junggesellenabschiede also bitte an die Leine nehmen! đ