Platteneck und Wolfsschlucht

Jul/Aug 2020

Die hibbelige Susi wollte unbedingt mal wieder in den Bergen übernachten. Zwar weiß jedes Kind, dass man das zur Zeit tunlichst unter­lassen sollte, weil es noch massen­haft andere hibbelige Susen gibt und sich der Massen­tourismus am Alpen­rand auftürmt wie eine Tsunami-Welle. Aber Susi wollte halt unbedingt.

Der einzig mögliche Ausweg war, zeit­versetzt loszufahren und als Tourziel einen Berg zu wählen, der so unbedeutend ist, dass ihn kaum jemand besucht. Das funktionierte zumindest bedingt.

Susi schloss ihr Home­office deshalb schon Freitag Mittag, so konnten wir staufrei nach Wildbad Kreuth fahren. Der dortige Wander­parkplatz war aber für diesen Tag auch schon gut belegt.

Ein kurzes Stück folgten wir dem Weg am Klammbach und zweigten dann auf einen kleinen, schattigen Waldweg hinauf zur Geißalm ab. Weiter ging's durch offenes Gelände zur Königsalm. Dort war der Tages­tourismus schon durch und wir waren die letzten und einzigen Gäste. Wir füllten unsere Wasser­vorräte auf und machten uns an den Aufstieg über den Graseck. Sommer­hitze, Gepäck und steiler Aufstieg ließen uns ordentlich ins Schwitzen kommen.

Eigentlich hatten wir gehofft, unseren Über­nachtungs­platz am Sattel zwischen Schilden­stein und Platteneck zu finden. Dort hatte sich allerdings Horden bimmelnder Kühe versammelt, ohne auch nur im Geringsten Abstands­regeln einzuhalten.

Wohl oder übel kraxelten wir noch weiter hinauf zum Platteneck, um ein Plätzchen außerhalb der Weidefläche und des Natur­wald­reservates Toten­graben zu finden. Das Platteneck ist bis zum Gipfel locker bewachsen, deshalb hat man keinen Rund­umblick, sondern muss sich seine Aussichten suchen. Bei aufgehendem Mond über dem Guffert mampften wir unser Abend­brot und dann fielen wir ziemlich geschafft auf unsere Isomatten. 800 Höhenmeter mit Über­nachtungs­gepäck zeigten, dass wir ziemlich schlecht im Training waren.

Natürlich hielten wir uns auch diesmal wieder an das Motto der Outdoor-Ethik "Leave no trace". Daran sollten sich auch mal die Kühe halten, die den ganzen Hang unter uns zertrampelt und vollgesch... hatten! 🙂

Nach kleinem Frühstück am nächsten Morgen begegneten uns am Sattel schon die ersten Früh­aufsteher beim Aufstieg zum Schilden­stein. Wir wanderten weiter zum Einstieg in die Wolfs­schlucht und schon von oben konnten wir die Massen­prozession sehen, die durch die Wolfs­schlucht aufstieg, als hätte man ganze Bus­ladungen von Berg­wanderern ausgekippt.

Der Steig durch die Wolfsschlucht ist an einigen Stellen mit Stahl­seilen versichert und an ein paar Steil­auf­schwüngen gab es Stau im "Gegen­verkehr" wie am Hillary Step am Everest. Bergab konnte wir aber ziemlich problemlos an den schnaufenden und schwitzenden Aufsteigern vorbei­huschen. Einige von ihnen schienen ziemlich an ihrem Limit zu sein. Jemand fluchte direkt neben uns, er hätte sich nicht auf diese Tour einlassen sollen, die man ihm als leichte Berg­wanderung angekündigt hatte. Damit hat er sicher Recht, denn eine leichte Tour ist es durch die Wolfs­schlucht sicher nicht, egal ob im Auf- oder im Abstieg und auf mehreren Weg­weisern wird auch ein­dringlich darauf hingewiesen, dass der Weg alpine Erfahrung, Schwindel­freiheit und Tritt­sicherheit unbedingt erfordert.

Am unteren Ende des Steiges rauscht ein klarer Wasser­fall, an dem wir uns ausgiebig erfrischen konnten. An der Alm­wirtschaft Sieben­hütten gab es ein zweites, nun aus­giebigeres Frühstück und dann tippelten wir entlang der Hofbauern­weißach zurück zu unserem Ausgangs­punkt. Die Bayerische Polizei warnte im Radio vor verstärktem Ausflugs­tourismus. Samstag Mittag hielt sich der Verkehr in unserer Fahrt­richtung aber noch in Grenzen. Als wir wegfuhren, waren alle Parkplätze rappelvoll, am Tegernsee parkte man sogar auf den Wiesen am Bahndamm. Nichts wie weg und nach Hause!

Die Wanderrunde war wirklich schön und ist mit leichtem Gepäck auch gut als Tagestour zu unternehmen. Mit unserem Übernachtungs­gepäck war es natürlich etwas anstrengender. Wer kann, sollte aller­dings zur Zeit die Wochen­enden meiden.

Im Vergleich zu unseren anderen Bergtouren geben wir dieser Runde gute