Ende Oktober 2016
Mancher macht den Fehler, nur den Bayerischen Wald zu besuchen, obwohl es auf der böhmischen Seite genauso schöne Landschaften gibt. Eine davon ist das Gebiet der oberen Moldau mit ihren Zuflüssen im Nationalpark Šumava. Wir waren dort schon zu allen Jahreszeiten unterwegs, es fehlte uns aber immer noch eine Paddeltour auf der oberen Moldau.
Um dieses landschaftliche Kleinod zu schonen, darf nur eine limitierte Anzahl von Booten pro Tag dort fahren; man muss eine Befahrungsgebühr bezahlen und sich über ein Online-Registriersystem anmelden. Am letzten Oktoberwochenende war der Andrang erwartungsgemäß nicht mehr hoch, so dass wir nur einem einzigen anderen Boot begegneten.
Ein möglicher Start ist schon in Lenora. Aufgrund des recht geringen Herbstpegels (54 cm - Mindestpegel 50 cm) setzen wir 5 km stromab bei Soumarsky Most ein. Dort befindet sich das Informationshäuschen des Nationalparks, wo man eine "Startnummer" erhält, die man aufs Boot klebt. Das klingt jetzt vielleicht alles etwas bürokratisch, ist aber bestimmt zur Regulierung des sommerlichen Trubels sinnvoll. Bekanntermaßen sind die Tschechen ja ein sehr paddelfreudiges Völkchen.
Die Strecke ab Soumarsky Most bis in den Lipno-Stausee reicht gut für zwei gemütliche Tagesetappen und so ist sie auch ausgebaut: An der Brücke bei Pěkná gibt es eine passende Ein- und Ausstiegsstelle. Parken darf man dort nicht. Auch bei uns war ein Nationalpark-Ranger zur Stelle, um das zu kontrollieren. Es gibt aber einen größeren Parkplatz 900 m entfernt am Ortsrand von Pěkná.
Im Nationalparkgebiet gibt es keine passenden Zeltmöglichkeiten für eine Gepäckfahrt, dafür reiht sich rund um den Lipno-Stausee Campingplatz an Campingplatz. Die meisten davon sind nur im Sommer geöffnet. Wir waren froh, dass uns der Campingplatz "Kemp u Kukačků" in der Nähe von Horni Plana als letzte Gäste des Jahres aufnahm. Dort trafen wir uns dann mit dem anderen Ralf, mit dem wir gemeinsam die Tour unternehmen wollten.
Für das abendliche Lagerfeuer hatten wir uns Holz mitgebracht. Ende Oktober ist es dort schon ganz schön kalt. Der dichte Nebel, der uns am Morgen einhüllte, hing zum Glück nur über dem Stausee fest. An der oberen Moldau herrschte ein etwas angenehmeres Mikroklima.
Ohne den zweiten Ralf hätten wir wahrscheinlich unsere bewährte Fahrradlogistik benutzt. So machten wir es uns einfacher und ließen im "Vorbeifahren" ein Auto bei Pěkná stehen und fuhren mit beiden Booten auf dem Dach nach Soumarsky Most.
Zwischen Soumarsky Most und Pěkná schlängelt sich die Moldau ganz einsam durch eine Wald- und Sumpflandschaft und nur an wenigen Stellen berührt ein kleiner Wanderweg das Ufer. Der Fluss hat eine angenehme Strömung, aber es gibt kaum paddeltechnisch anspruchsvolle Stellen. Also ideal um die Seele baumeln zu lassen und die vorbei ziehende Landschaft zu genießen.
Nach Pěkná verlässt die Moldau das Nationalparkgebiet. Ab und zu steht ein kleines verträumtes Häuschen am Ufer und erst am Anfang des Stausees kommt man zurück in die Zivilisation. Auf dem 42 km langen Stausee könnte man noch weiter unterwegs sein, wir beendeten die Tour an unserem Campingplatz.
Wir finden, die obere Moldau sollte in keinem Paddlertagebuch fehlen. Und da wir noch einen Tag Zeit hatten, unternahmen wir noch eine schöne Wanderung von böhmischer Seite aus auf den Lusen.
Die obere Moldau kann es zwar paddeltechnisch nicht mit dem Schwarzen Regen aufnehmen, landschaftlich ist sie aber noch schöner. Deshalb verdient sie glasklare