Mitte Mai 2024
Für die Paddeltour auf dem Mittelrhein haben wir schon einige Anläufe genommen: mal war fast kein Wasser im Fluss und es blieb nur eine schmale Fahrrinne für die Schifffahrt, ein anderes Mal kam gerade das große Hochwasser. Dieses Mal stimmen uns der Pegel und die Wetteraussichten optimistisch.
Auf dem Weg zum Mittelrhein machen wir kurz Station in Speyer und sehen uns den berühmten Dom und das Technikmuseum an. Der eigentliche Grund ist allerdings das IMAX-Kino im Technikmuseum. Schon mit unseren Kindern waren wir gern in IMAX-Kinos mit tollen Naturfilmen auf gigantischen Leinwänden. Doch diese Kinos sterben langsam aus. Im Zeitalter hochauflösender digitaler Formate scheint das Publikum nicht mehr so leicht zu begeistern zu sein. Wir sehen uns einen Film über die Südsee an, der toll gemacht ist, aber auch uns fehlt ein bisschen die Brillianz heutiger Digitalaufnahmen. "Tempora mutantur, nos et mutamur in illis" 😉 ("Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen")
Auf dem Campingplatz in Rüdesheim haben wir uns zum Glück telefonisch angemeldet; das Himmelfahrtswochenende wollen viele für einen Ausflug nutzen, entsprechend voll ist es auf dem Platz. Doch für uns beginnt am Mittelrhein ein längerer Frühlingsurlaub und schon am Sonntagnachmittag wird es wieder leerer.
Wir wollen nicht gleich paddeln, sondern nähern uns der Gegend erst einmal zu Fuß, indem wir eine Etappe auf dem Rheinsteig von Rüdesheim nach Lorch wandern. 22 km Wanderung sind für den Anfang mehr als genug, aber die Tour belohnt uns mit herrlichen Ausblicken ins Rheintal, und führt vorbei an kleinen und großen historischen Bauwerken. Der Rheinsteig verläuft immer wieder das Rheinufer hinauf und hinab und man sammelt einige Höhenmeter. Den ersten Aufstieg ersparen wir uns per Seilbahn zum Niederwalddenkmal. Den Sessellift nach Assmanshausen lassen wir aber aus, der breite Wanderweg führt uns auch bequem hinunter.
Der Spätburgunder vom Assmannshäuser Höllenberg muss natürlich verkostet werden, der kleine Schwips verfliegt jedoch schon beim Aufstieg zum Weinberg wieder. Obwohl erst Mitte Mai, ist es auf dem Weinhängen schon sehr warm, im Hochsommer wäre es uns hier bestimmt viel zu heiß. Von Lorch fahren wir mit dem Zug zurück nach Rüdesheim und wollen im Ort irgendwo gemütlich essen gehen. Die kleinen Gässchen von Rüdesheim sind proppevoll, ein starker Kontrast zu unserer einsamen Wanderung durch die Weinberge. Am Ufer liegen mehrere große Flusskreuzfahrtschiffe, aus denen Massen von internationalen Touristen quellen. Der UNESCO-Titel ist Segen und Fluch zugleich. Trotzdem finden wir ein gemütliches Gasthaus zum Abendbrot.
Am nächsten Morgen, das Boot haben wir schon aufgebaut, geht es dann auf den großen Fluss. Wir sind gut vorbereitet und wissen in etwa was uns erwartet. Der Rhein hat starke Strömung, meist um die 10 km/h, aber auch mehr. Stromaufwärts zu paddeln wäre unmöglich. Und wie wir schon auf der Wanderung gesehen haben, herrscht auf dem Rhein reger Schiffsverkehr. Wir paddeln außerhalb der Tonnen, die die Fahrrinne markieren, die Bugwellen der Schiffe sind kein großes Problem. Ab und an müssen wir aber die Rheinseite wechseln, denn die Fahrrinne reicht manchmal bis fast ans Ufer und wandert hin und her und wir wollen nicht zwischen Ufer und Schifffahrt geraten.
Die stromauf fahrenden Schiffe kommen gemächlich auf uns zu, die Stromab-Fahrer sausen aber mit Strömung und eigenem Antrieb so schnell den Fluss hinunter, dass wir uns manchmal fühlen, als würden wir als Fußgänger über die Autobahn rennen. Wir brauchen ja auch ein paar Minuten, um den Rhein zu queren, und ein schnelles Schiff kommt pro Minute vielleicht einen halben Kilometer näher. Keiner der riesigen Lastkähne könnte einem Paddelboot ausweichen, wenn er es überhaupt rechtzeitig sehen würde. Paddelanfängern würden wir ganz sicher von einer Tour auf dem Mittelrhein abraten. Und auch von den Markierungstonnen sollte man sich als Paddler fern halten, es gab schon einige tödliche Unfälle, weil Paddler die Strömung an den Tonnen unterschätzt haben.
Das alles ist uns aber bewusst und bei diesem Pegel haben wir auch außerhalb der Fahrrinne genügend Wasserfläche, selbst die querliegenden Buhnen werden so vom Wasser überspült, dass wir gerade noch darüber hinweg paddeln können. Gefühlt sind wir "zu schnell" unterwegs, normalerweise haben wir im Boot Fußgänger- und nicht Fahrradtempo. Schon nach anderthalb Stunden passieren wir Lorch, bis dorthin sind wir gestern den ganzen Tag gewandert. 🙂
Fast zu schnell geht es auch, weil es so viel zu sehen gibt: Kleine hübsche Örtchen ziehen vorbei und auf fast jedem Hügel thront eine Burg. Manche sind richtig alt, andere wurden erst im Zeitalter der Romantik gebaut, für den Betrachter vom Fluss aus ist das kaum zu unterscheiden. Das Maigrün an den Hängen und Weinbergen verwöhnt das Auge, dazwischen immer wieder Felspartien, an denen der Rheinschiefer zutage tritt.
Durch die Jahrhunderte lang gefürchteten Engstellen des Rheins vor und nach dem Loreleyfelsen werden die Schiffe durch die sogenannte "Wahrschau" dirigiert. Für uns gelten diese Lichtsignale nicht, wir sind ja nur ein "Kleinfahrzeug". Wir halten uns nah beim Ufer, die Fahrrinne ist hier nicht markiert. Wir warten noch ab, bis uns ein großes Flusskreuzfahrtschiff passiert hat, dann paddeln wir durch die Engstelle unter dem Loreleyfelsen. Besonders spektakulär sieht der Felsen von unten gesehen nicht aus. Diese ganze Loreley-Geschichte ist wohl auch etwas verklärt und Heine hat Besseres geschrieben, als dieses eine Gedicht.
Bald kommt St. Goarshausen in Sicht, das Ziel unserer ersten Paddeletappe. Per Zug holen wir das Auto nach und übernachten mit schönem Blick auf die vorbeifahrenden Schiffe und die Burg Rheinfels gegenüber.
Am nächsten Tag wollten wir ursprünglich bis zur Moselmündung in Koblenz paddeln, da aber in Lahnstein eine Brücke gesperrt ist, beenden wir unsere Tour schon in Braubach kurz vor der Lahnmündung. Unterwegs gibt es wieder regen Schiffsverkehr und malerische Orte und Landschaften. Das Tal weitet sich und der Rhein wird deutlich breiter, wodurch auch die Strömung etwas nachlässt. Trotzdem müssen wir gut aufpassen, dass wir nicht an der geplanten Ausstiegsstelle in Braubach vorbeitreiben und beim Anlanden gegen die Strömung ist ein bisschen Geschick gefragt.
Diesmal packen wir das Boot aufs Auto und übernachten noch einmal in St. Goarshausen, weil es uns dort so gut gefallen hat. Zum Abschied vom Mittelrhein wandern wir noch eine Runde über den Rheinsteig bei Kaub, bevor wir uns auf den Weg zur Lahn machen, dort ist unsere nächste Urlaubsstation.
Das Mittelrheintal ist schon eine besonders schöne Gegend, deshalb vergeben wir trotz Schifffahrt und Strömung volle