1. November 2016
Viele Berge im deutsch-tschechischen Grenzland fallen zur Westseite hin steiler ab. Auch das Lusengebiet steigt von tschechischer Seite her sanfter an und entfaltet dort im Nationalpark Sumava seinen ganz besonderen Reiz.
Nachdem wir auf der einsamen oberen Moldau gepaddelt waren, bot es sich an, die Tour von böhmischer Seite aus zu starten. Durch das kleine Örtchen Modrava waren wir schon mehrfach gekommen und deshalb wussten wir, dass man zur Einöde Breznik auf einer für den Autoverkehr gesperrten Straße gut mit dem Fahrrad kommen kann. Die Straße steigt auf den sieben Kilometern stetig an und so waren wir am großen Rastplatz in der Nähe von Breznik am Rande des Lusenfilzes bereits ordentlich aufgewärmt.
Früher führte der Böhmweg als Handelsstraße durch das Lusenfilz über den Sattel am Fuße des Lusen. Dieser Weg wurde vor kurzem auch für Fußgänger zum Schutz von Auer- und Birkhühnern gesperrt. Eine neue Route führt jetzt um das Lusenfilz herum an der Flanke des Spicnik zum ehemaligen Grenzübergang an den Blauen Säulen. Der Weg ist jedoch eher ein kleiner unscheinbarer Pfad, der nur wenig markiert ist und den wir teilweise nur mit Hilfe des GPS fanden.
Der Weg entlang der Grenze ist dann besser zu erkennen und man kann ihm problemlos bis kurz unter die Gipfelpyramide des Lusen folgen. Unterwegs durch einen wilden Latschenwald und vorbei an vielen Baumleichen des früheren Waldsterbens hat man schöne Ausblicke ins Böhmische und wir begegneten gerade mal einer Handvoll Wanderern.
Der Aufstieg auf den Gipfel führt dann über eine - wie künstlich aufgeschüttet wirkende - Granitblockhalde. Am Lusen-Gipfel selbst war es ziemlich voll. Es war schließlich ein verlängertes Wochenende mit goldenem Herbstwetter. Bei guter Sicht kann man vom Lusen aus die Alpen sehen und wir hatten das Glück, selbst den 160 km entfernten Dachstein sehen zu können.
Der Trubel am Lusenschutzhaus einige Meter unterhalb des Gipfels war dann schon grenzwertig und auch auf dem Weg vom nahe gelegenen Parkplatz waren wahre Kolonnen unterwegs. So waren wir froh, nach Parkplatz und Glasarche wieder in einsameres Gelände zu kommen.
Auf dem Weg Richtung Breznik trafen wir dann überhaupt niemanden mehr außer einem Auerhuhn, das offensichtlich noch nicht informiert wurde, dass es aus Naturschutzgründen im Lusenfilz zu wohnen hat. 🙂
Bei der Fahrradrückfahrt trugen wir zwar Mütze und Handschuhe, aber der herbstlich-kalte Fahrtwind bergab nach Modrava kühlte uns so stark aus, dass wir uns zum Aufwärmen mal wieder in "unserer" geliebten Klostermannova Chata fanden und dort die Tour bei leckerer böhmischer Küche ausklingen ließen.
Trotz der aufwendigeren Fahrrad-Logistik ist die Besteigung des Lusen von der böhmischen Seite aus viel schöner und interessanter und deshalb unser Geheimtipp. Nicht weitersagen!