Anfang Oktober 2024
"Jagst (nach dem 15.9.)" stand schon ewig auf der "Noch-Paddeln-Liste". Was es mit dem Datum auf sich hat, muss ich erst ein bisschen nachdenken, mehr davon später. Im Herbsturlaub 2024 passt die Jagst auf dem Weg nach Hessen gut in unsere Reiseroute, also schauen wir sie uns endlich einmal an. Im Netz kaum Werbung für den Fluss, keine Bootsverleiher, fast keine Campingplätze, spärliche Informationen über Einsatzstellen. Ist der Fluss etwa so hässlich? - Im Gegenteil. Aber erst mal von vorn:
Die Jagst mündet zwischen Bad Friedrichshall und Bad Wimpfen von rechts in den Neckar. Ihre Quelle hat sie fast am Nördlinger Ries, fließt von dort unauffällig in Richtung Ellwangen, wo sie sich malerisch unterhalb der Altstadt vorbei windet. Weiter nach Norden, auch noch nicht aufregend, hat sie sich bis Crailsheim ihre Kraft aufgespart, um erst danach ein interessantes Tal in die Hohenloher Ebene zu fräsen. Ein Landschaftsschutzgebiet wird dort nach ihr benannt. Das Tal zieht sich dann bis fast zur Mündung mit vielen Flussschleifen, Auenlandschaft, kleinen Ortschaften, einigen Burgen und sogar ein paar Weinbergen.
Dass die Sommersaison vorbei ist, merken wir schon bei unserer ersten Übernachtung am Haselbachsee. Auch sein Wasser fließt über Ellenberger Rot und Sechta am Ende in die Jagst. Wir fahren am nächsten Tag erst mal ein bisschen über die Ebene und schauen uns ein merkwürdiges Relikt der Vergangenheit an. "Irgendwo im Nirgendwo" steht mitten auf einem Feld die Chorwand eines ehemaligen Klosters aus dem 15 Jh. herum, die Anhäuser Mauer. Besichtigt, gestaunt, weiter nach Kirchberg an der Jagst, das eigentlich eher Kirchberg über der Jagst heißen sollte, denn die Altstadt drängt sich auf einem Felssporn hoch oberhalb des Flusses.
Wir wandern eine kleine Runde hinab zum Fluss und hinauf zur Stadt. Der niedrige herbstliche Flusspegel lässt uns hier noch nicht ans Paddeln denken. Bei der Weiterfahrt nach Mulfingen sehen wir aus der Ferne noch Langenburg, das genauso malerisch auf einem Felssporn auf der anderen Flussseite thront.
Am Hollenbacher See, ein paar Kilometer vom Jagsttal entfernt, übernachten wir auf dem einzigen Campingplatz in der ganzen Gegend. Am nächsten Tag beginnen wir endlich unsere Paddeltour. Bei der Archenbrücke in Unterregenbach wollen wir eigentlich starten, wir finden aber keine geeignete Einsatzstelle; das gesamte Ufer ist komplett zugewachsen. Wir versuchen es weiter flussabwärts in Eberbach, Heimhausen und Mulfingen überall das gleiche Bild. Erst in Hohebach können wir direkt unter der Brücke passabel einsetzen. Aber immerhin haben wir uns dadurch gleich mal fünf Wehre erspart.
Niedriger Pegel, noch ausreichend zum Paddeln, angenehme Strömung. Die Ufer noch schön grün, ab und an die ersten Herbstfarben. Kein Verkehrslärm, malerische Landschaft und die Ufer so niedrig, dass man die Landschaft auch sehen kann. Gemütlich treiben wir an St. Wendel zum Stein vorbei, ein paar Leute winken uns vom Ufer zu. Die Uferfelsen sind vermutlich aus Muschelkalk.
Mit etwas Erfahrung und bei dem geringen Pegel stellen die Wehre für uns kein großes Hindernis dar, allerdings gibt es aber auch keine besonderen Aus- und Einstiegsstellen, anders als an vielen anderen Flüssen. Wir entdecken nicht einmal Spuren von anderen Paddlern, viel Bootsverkehr scheint es auf der Jagst nicht zu geben. Vielleicht sind ein Grund dafür auch die Befahrungseinschränkungen in verschiedenen Flussabschnitten zu unterschiedlichen Zeiten, so dass eine durchgehende Tour auf der Jagst erst nach dem 15. Sept. möglich zu sein scheint. Und gerade dann ist naturgemäß der Pegel niedrig. Wie sagte man in meiner Kindheit: "Da werden die Genossen sich schon etwas dabei gedacht haben..." 😉
Dafür gibt es wie verbreitet in Baden‑Württemberg am Rand vieler Orte gepflegte Grillplätze (daneben meist Spiel- und Parkplätze). Wir haben schon vor der Tour unsere "Hausaufgaben" gemacht und uns einige davon in Flussnähe herausgesucht. Die wenigen Leute, denen wir dort gelegentlich begegnen, bestätigen uns, dass es niemanden stört, wenn wir dort abends sitzen, ein Lagerfeuerchen machen und in unserem VW-Bus übernachten. Vielen Dank dafür. Natürlich hinterlassen wir die Plätze mindestens so sauber, wie wir sie vorgefunden haben, das ist ja Ehrensache.
Wir paddeln mehrere Tage auf der Jagst, radeln mit den Falträdern auf dem gut ausgebauten Jagsttal-Radweg zurück zum Auto, fahren zu unserem Übernachtungsplatz und verbringen dort einen gemütlichen Abend. Natürlich nutzen wir auch die spärlich vorhandene Gastronomie, wie den hübschen "Duka's Bahnhof" in einem ehemaligen Bahnhof der Jagsttalbahn in der Nähe des Klosters Schöntal.
Leider wird das Wetter immer mieser, so dass wir in Jagsthausen spontan die Tour beenden. Der kleine Fluss Jagst hat großes Potential als Paddelfluss, das aber nicht gut genutzt wird und durch die zeitlichen Sperrungen noch zusätzlich gestört, deshalb reicht es leider nur für
Uns hat die Jagst trotzdem gut gefallen, so schön ruhig findet man es nur noch selten.
Wegen des Wetters haben wir mal wieder Lust auf eine warme Dusche und fahren zum nächsten Campingplatz bei einem größeren Ort, nach Neckarsulm. Leider hat das AQUAtoll Erlebnisbad die Pandemie nicht überstanden und auch im Kino gibt es keine Vorstellung. Also am nächsten Tag gleich weiter zum Main, dort können wir von Freudenberg nach Wörth am Main eine regenfreie Tagestour paddeln. Auch ganz hübsch.