Ende Mai 2020
Susis Urlaubstermin war nicht zu verschieben, die innerdeutschen Reiseziele alle blockiert - was fängt man also an mit drei Wochen Urlaub ab Ende Mai? Die perfekte Lösung boten uns die Schweden durch ihren liberaleren Umgang mit der Corona-Krise. Die Fähren von TT-Line fuhren nach Fahrplan und im Gegensatz zu unseren anderen Nachbarn war die Grenze ganz normal geöffnet. Schon bei der Anreise nach Rostock ein schönes Erlebnis in Markgrafenheide: In der kleinen alten Seebadsbahn-Wartehalle, die jetzt ein gemütliches Restaurant ist, bekamen wir ein leckeres Abendbrot, während im streberhaften Bayern noch alle Gaststätten geschlossen waren. Auf der Fähre waren wenig Fahrgäste, so dass man problemlos Abstand halten konnte.
Auf der Fahrt nach Värmland ließen wir uns viel Zeit, übernachteten an der Ostseeküste nördlich von Malmö, sahen uns die Sanddünen bei Tylösand an und machten einen Zwischenstopp in Göteborg. Da der Göteborger Campingplatz geschlossen war, suchten wir uns ein kleines, nettes Hotel, was wir fast völlig für uns allein hatten. Beim abendlichen Spaziergang durch Göteborg war es noch kühl und regnerisch, aber schon bei der Weiterfahrt nach Dalsland erwartete uns ein großartiges Hochdruckgebiet. Am Ziel angekommen, übernachteten wir am kleinen Campingplatz in Lennartsfors. Bei goldener Abendsonne hatten wir einen netten Plausch mit dem Bruder des Campingplatzbetreibers, bekamen Tipps für die Gegend und erfuhren einiges über die Stimmung in Schweden und darüber, dass normalerweise jetzt hier schon der Saisontrubel beginnen würde.
Allein auf diesem Platz lagen weit über 100 Kanus bereit. Auch aus anderen Quellen wussten wir, dass das Gebiet unter anderem durch Scantrack-Touristen seit Jahren zunehmend überschwemmt wird. Im ganzen Gebiet des Foxen und der angrenzenden Seen wurden viele Lagerplätze angelegt, um den Ansturm etwas zu kanalisieren. Auf den Lagerplätzen gibt es immer eine Lagerfeuerstelle, ein Toilettenhäuschen und meistens einen hölzernen Wetterschutz. Im Foxen gibt es hunderte kleine Inseln, eine idyllischer als die andere, auf denen diese Lagerplätze verteilt sind.
Wir packten Verpflegung für eine Woche ins Boot und diese Woche brauchten wir auch, um den See mit seinen vielen Seitenarmen und der Verbindung zum Stora Le einmal ganz genüsslich zu umrunden. In der ganzen Zeit begegneten wir nicht einem einzigen anderen Paddelboot und hatten alle Lagerplätze zur freien Auswahl. Wie schön es dort ist, das zeigen die Fotos bestimmt noch besser.
Anfangs bauten wir zum Übernachten noch unser Zelt auf, da wir in Schweden eigentlich mit Mücken gerechnet hatten, die waren aber samt den Scantrack-Touristen auch weggeblieben. Später testeten wir mal das Innenzelt als Insektenschutz in einen Unterstand eingehängt und ganz zum Schluss war Susi soweit "verroht" 🙂, dass sie ganz problemlos nur mit Isomatte und Schlafsack in der Schutzhütte übernachten konnte. Das Wasser im See war noch ziemlich kalt. Trotzdem trauten wir uns ab und zu für ein schnelles Bad hinein. Das Wasser ist so sauber, dass man sein Trinkwasser problemlos aus dem See entnehmen kann. Jeden Abend gab es ein Lagerfeuer, zum Frühstück frisch gebackenes Bannock. Was will man mehr?
Der Bruder hatte uns den Tipp gegeben, bei Båstnäs auszusteigen und ein paar Hundert Meter den Hügel hinaufzulaufen. "Kyrkegard" verstanden wir als Kirchgarten/Friedhof - vielleicht ein altes Kloster oder so? Was wir dann dort vorfanden, war ziemlich gruselig und der totale Kontrast zu unserer Naturstimmung: Mitten im Wald standen Hunderte verrostete Autos herum und jetzt verstanden wir auch, was Bilkyrkegard bedeutet - nämlich Autofriedhof. Vor Jahrzehnten hatten dort die schwedischen "Ludolfs" einen Autoverwertungsplatz, von dem aus sie Autos in Teilen ins nahe Norwegen verkauften. Den Platz hat niemand weiter betrieben und inzwischen ist nicht nur Gras darüber gewachsen, sondern auch ein kompletter Wald. Also schnell wieder ins Boot und zurück in die Natur!
Gern wären wir auch noch weiter in den Stora Le nach Norwegen gepaddelt, aber dafür reichte weder Zeit noch Proviant. Da müssen wir wohl noch einmal wiederkommen.
Eine Woche Paddeln in diesem herrlichen Seengebiet brachte uns total zur Ruhe und als wir wieder in Lennartsfors ankamen, kam uns dieses kleine Örtchen fast vor wie eine Stadt. Übrigens gab es selbst auf dem abgelegensten Inselchen immer Handyempfang, während wir in Deutschland ja offensichtlich die empfangsfreien Inseln pflegen. 😉
Nach dieser langen Paddeltour gönnten wir uns zwei Tage einsame Faulheit auf dem fast noblen Campingplatz "Sommarvik" in Årjäng mit Baden im Pool und Minigolf. Dann ging es weiter zum Glaskogen. Aber das ist schon wieder eine ganz neue Geschichte...
Unsere Wertung ganz klar: