Vercors

Mitte Juni 2022

Während unserer Alpenrunde 2018 und speziell bei der Wanderung um den Lac de Monteynard sahen wir in der Ferne eine charakteris­tische Berg­formation, die uns schon damals neugierig machte. Nun ist es endlich soweit, dass wir über das süd­west­liche Jura und die Chartreuse mal wieder dorthin fahren.

Der Vercors ist ein Gebirgs­stock in den Westalpen südlich von Grenoble. Er steigt von allen Seiten steil an und und wird von den Flüssen Isère, Drac und Drôme begrenzt. In seinem Inneren beherbergt er das größte Natur­schutz­gebiet Frank­reichs und erreicht Gipfel­höhen über 2300 m. Der mit Abstand auf­fälligste Gipfel ist der Mont Aiguille (Aiguille = Nadel), der besonders von Südwesten oder Nordosten aus gesehen seinem Namen alle Ehre macht.

Am Fuße des Mont Aiguille gibt es einen weit­läufigen, einfachen Camping­platz "Ferme du Pas de l'Aiguille", der sollte unser Basislager sein. Als wir am späten Nachmittag dort ankommen, setzen wir uns erst einmal eine Weile still in unsere Camping­stühle, um die gewaltige Landschaft in uns aufzu­nehmen. Leider kann auch ein moderner digitaler Foto­apparat nicht abbilden, wie dieser Berg auf einen wirkt, wenn man davor steht. Wir finden ihn einfach überwältigend.

Im Abendlicht suchen wir schon mal Anhalts­punkte für die Bergtour, die wir für den nächsten Tag vorgesehen haben. Wir starten direkt am Camping­platz und wandern über die Talebene zum Ortsende von Richardière. Dort beginnt der Aufstieg zum Col de l'Aupet. Der Weg ist zwar steil, aber er schlängelt sich durch einen schattigen Mischwald, worüber wir froh sind, denn der Tag verspricht schon wieder, sehr heiß zu werden. Nach einigen Serpen­tinen durch Fels­gelände am Talschluss erreichen wir den Sattel und haben schon die ersten 600 Höhenmeter überwunden. Von dort könnte man über eine gesicherte Kletter­route den Mont Aiguille besteigen, der ist aber nicht unser Ziel.

Wir wandern zuerst nur leicht ansteigend mit viel Aussicht in die Westalpen. Der gigantische Mont Aiguille bestimmt auch weiterhin die Szenerie und fasziniert von allen Seiten aus gesehen. Ab "Sous la Selle" wird der Weg wieder steiler und nach weiteren 300 Höhen­metern erreichen wir am "Pas de la Selle" die Hochebene und den höchsten Punkt unserer Tour. Es weht ein leichter Wind, wir setzen uns auf die weichen Gras­polster und machen eine verdiente, ausgiebige Mittagsrast.

Die Hochebene "Hauts plateaux du Vercors" ist nicht so eben, wie der Name vielleicht vermuten lässt. In stetigem leichten Auf und Ab wandern wir über offene Wiesen, Geröll­flächen und durch ein paar kleine Wald­stückchen zum Pas de l'Aiguille. Dort erinnert ein Mahnmal an die mutigen Kämpfer der Résistance, die von hier oben aus gegen die Nazis kämpften.

Ganz in der Nähe steht das "Refuge de Chaumailloux". Diese Selbst­versorger­hütte gehört zu einem ganzen Netz, das man in den Berg­regionen in Frankreich nutzen kann. Im Gegensatz zu den Hütten in Deutsch­land benötigt man keinen Schlüssel, trotzdem sind die Hütten sauber und zweckmäßig aus­ge­stattet, offen­sichtlich denken die Nutzer wirklich an diejenigen, die nach ihnen kommen. Hier muss man kein Zelt hinauf­schleppen, falls man oben über­nachten möchte.

Nach dem Pass kommt wieder der Mont Aiguille ins Bild, diesmal von seiner schmalen Seite aus gesehen. Über einen steilen Schotter­weg steigen wir hinab ins Tal. Nach ca. 17 km und bestimmt deutlich über 1000 Höhen­metern erreichen wir wieder unseren Camping­platz. Das kräftige Abendbrot haben wir uns redlich verdient.

Ursprünglich hatten wir auch noch eine 2-Tages-Tour ausgehend von "La Coche" oberhalb von "Le Passage" geplant. Wir wollten in einer der Selbst­versorger­hütten über­nachten und auf den Grand Veymont steigen. Dafür ist es uns aber einfach zu heiß. Statt­dessen fahren wir hinunter ins Tal der Drôme nach Die. Auf dem Camping­platz hüpfen wir regelmäßig in den kühlenden Pool, so lässt es sich auch aushalten.

Die Drôme sollte man bei passendem Wasser­stand eigentlich auch mal paddeln, vielleicht kommt es dann auch zu der geplanten Hüttentour. Unser Urlaub ist allerdings zu Ende und so müssen wir uns vom Vercors verab­schieden. Mit Zwischen­halt am Lac d'Aiguebelette driften wir langsam nach Hause. Dass der Vercors von uns die Höchst­wertung bekommen muss, war bestimmt schon zu ahnen: