Nahe und Glan

Juli 2021

Unser Plan für den Urlaub sieht etwa so aus: Wir paddeln den Mittel­rhein, dazu haben wir schon mehrfach Anlauf genommen, aber der Pegel hat nie gepasst. Bevor wir uns auf den großen, verkehrs­reichen Fluss begeben, erkunden wir aber erst mal einen seiner Neben­flüsse in der Gegend. Natürlich kommt es wieder mal ganz anders.

Ein Nebenfluss des Rheins, der direkt am Rheinknie in Bingen mündet, ist die Nahe. Laut DKV-Fluss­führer scheint sie paddelbar zu sein (mit ein paar zeitlichen Beschränkungen). Im Internet gibt es aber auf den üblichen Seiten nur sehr wenige Tour­beschreibungen und die sind auch noch ziemlich wider­sprüch­lich. Dann müssen wir das halt selbst erkunden.

Der Oberlauf des Flusses ist (außer bei Hoch­wasser) nie fahrbar; in Idar-Oberstein ist der Fluss komplett überbaut. Erst ab Kirn soll es laut einem Fahr­bericht ganz gut gehen. Vom sehr freundlichen Camping Nahemühle aus fahren wir also per Auto das Nahetal hinauf bis Kirn. Eine schöne Einsatz­stelle finden wir nicht, an der Mündung des Hahnen­bachs würde es vielleicht gehen. Danach folgen einige Schwall­strecken und der Fluss ist durch hohe, gemauerte Prallwände eingehaust. Schön ist anders.

Also erst mal weiter flussab. Bei Hoch­stetten finden umfang­reiche Bagger­arbeiten statt, die ganze Flussaue wird umge­staltet. Dort wollen wir auch nicht durch­paddeln. Weiter unten zu starten lohnt aber für eine Etappe, die an der Nahemühle enden soll, auch nicht mehr. Schlussendlich wandern wir an diesem Tag noch ein bisschen in der Gegend von Monzingen herum und steigen hinauf zur "Schönen Aussicht."

Den nächsten Paddel­versuch starten wir etwas fluss­ab­wärts in Bad Sobernheim. In der Nähe des Nohfels Parks (WoMo Stell­platz) tragen wir das Boot über einen schmalen Pfad zu einer Kiesbank, dort können wir gut starten. Wir nehmen unsere Falt­fahr­räder mit an Bord, dadurch sind wir unabhängig, was das Ende der Tour betrifft.

Das Wasser der Nahe ist trüb und braun, in den letzten Tagen hat es im Nord­pfälzer Bergland und im Hunsrück ordentlich geregnet. Durch ihr Gefälle hat die Nahe gute Strömung, anderer­seits fließt das Wasser auch recht schnell ab, weshalb es bei geringerem Pegel auch Treidel­stellen geben soll. Dieses Problem haben wir aber nicht. Die Landschaft ist abwechslungs­reich und wirklich schön. An den Wehren gibt es keine aus­ge­bauten Umtrage­stellen. Manchmal finden wir eine Durchfahrt, manchmal mogeln wir uns am Ufer entlang. Das ist eher eine Tour für abenteuer­lustige, erfahrene Paddler.

Dass bei Boos ein Fluss­ab­schnitt incl. des angestauten Sees gesperrt ist, erscheint uns etwas will­kürlich. Immerhin gibt es dort zwei Boots­häuser, deren Nutzer rudern dürfen und auch organisierte Vereins­wander­fahrten sind erlaubt. Wir halten uns aber an die Beschränkung, denn auch unterhalb des Stauwehrs Niederhausen wird gebuddelt, eine einfache Umtragung wäre deshalb gerade nicht möglich.

Wir erkunden das Flusstal weiter vom Land aus. Vom Camping Nahetal in Oberhausen aus sehen wir in der Ferne einen Aussichts­turm, da kann Susi natürlich nicht wider­stehen. Durch die Weinberge am Felsenberg wandern wir zuerst zur Burgruine Burg Böckelheim, danach weiter zum Heim­berg­turm. Unterwegs viele schöne Aussichten ins Nahetal und Telefonate mit Geburtstags­wünschen. Der Winzer in Schloß­böckel­heim möchte uns am liebsten alle seine Weine kosten lassen. Der Rückweg mit Stirnlampe entlang des Naheufers gelingt unfallfrei. 🙂

Der Glan, der bei Odernheim in die Nahe mündet, beschert uns noch einen schönen Paddeltag. Unterhalb der Brücke in Meisenheim können wir gut starten. Die Ufer des Glan sind meist dicht bewachsen, man paddelt durch einen grünen Tunnel, nur ab und an gibt es Ausblicke in die schöne Landschaft. Wir hätten das Paddeln gern mit der Draisinefahrt auf der still­gelegten Glantal­bahn verbunden, das passt aber nicht richtig zusammen. Deshalb lernen wir das Glantal vom Boot, vom Fahrrad und von der Draisine aus kennen. Alles schön, trotz durch­wachsenem Wetter.

Zurück an der Nahe wandern wir noch zur Ebernburg und über den Rotenfels, der (angeblich 😉) höchsten Felswand zwischen Alpen und Skandinavien. Zum Schluss sehen wir uns das hübsche Kurbad Bad Kreuznach an. Dort sind einige  Wasser­treter und Ruderboote auf dem Wasser. Susi und ich sind uns einig: Eigentlich hätte die Nahe viel Potenzial für einen schönen Wander­fluss. Vielleicht ist der Pegel im Sommer häufig zu niedrig, so dass sich ein kommerzieller Boots­verleih nicht lohnt? Und ohne Verleiher auch keine vernünftigen Umtrage­stellen und keine Paddel-Lobby... (Das können unsere tschechischen Nachbarn besser.)

Wir geben der Nahe wegen der schönen Gegend trotzdem Und den Glan kann man auch gleich "mitnehmen", wenn man schon mal in der Gegend ist.

Beinahe hätte ich es vergessen: Auf dem kleinen Camping Friedenau bei St. Goar hoffen wir noch ein bisschen, aber als wir den Rhein dann sehen, wird klar, dass er uns mal wieder nicht dort paddeln lassen will. Wie oft denn noch?! 😉 Wir flüchten vor dem Regen­gebiet und dem Hochwasser in Richtung Nordosten. Dort entdecken wir die Löcknitz, paddeln auf der Warnow und machen einen Abstecher an die Ostsee, doch das sind schon wieder ganz andere Geschichten...