Hochpustertal

Mitte Februar 2024

Für eine Woche Urlaub haben wir uns im "schnee­reich­sten Monat" (Zitat huettenland.com) die Bachhütte auf 1300 m über NHN, hoch über dem Hoch­puster­tal, gemietet. Die Hütte urge­mütlich, der Ausblick in die Lienzer Dolomiten grandios. Um Winter zu finden, müssen wir aber noch weiter hinauf.

Vom Schlaf­zimmer­fenster ist eine schnee­be­deckte Pyramide in den Gailtaler Alpen zu entdecken. Eine lange Tour (17 km) dorthin führt vom Dorf­berg­lift (St. Oswald/­Kartitsch) über den Dorfberg. Das ist uns für den Einstieg aber zu lang. Wir ent­schei­den uns für die kürzere Variante von Ober­tilliach aus. Mit der Golzentipp-Kabinenbahn fahren wir hinauf zu einem kleinen Skigebiet. Zuerst führt der präparierte Winter­wander­weg am Rand der Skipiste entlang. Da wir die Schnee­schuhe dabei haben, zweigen wir in tief ver­schnei­tes Gelände ab und suchen uns, den Gipfel immer vor Augen, einen eigenen Weg. Der Himmel ist ein bisschen verhangen, trotzdem haben wir ziemlich gute Sicht, ins­besondere auf den Hauptkamm der Karnischen Alpen. Am Gipfel angekommen, entdecken wir nach ein bisschen Suche auch "unsere" Bachhütte am Nordhang des Pustertals. Wenn man von dort den Golzentipp sehen kann, muss man ja auch von hier oben die Hütte sehen können, ist ja logisch. 😉

Auf der weiteren Suche nach dem Winter fahren wir ins Villgraten­tal. Die Mautstraße zur Unter­staller Alm ist im Winter für den öffent­lichen Verkehr gesperrt. Vor der Schranke hinter dem Orts­aus­gang von Inner­villgraten gibt es einen geräumten Parkplatz. Ab dort wandern wir zuerst leicht bergauf auf dem schnee­be­deckten Fahrweg. Später führt uns eine Weg­variante vorbei am kleinen Sinkersee, von dem aber nicht viel zu sehen ist. Der Talboden weitet sich zur Unter­staller Alm. Wir haben unsere Ver­pflegung im Rucksack dabei, denn die Jausen­station ist im Winter ge­schlossen. Wind­ge­schützt, von der Sonne gewärmt, betrachten wir die schroffen Gipfel rings um das Tal. An den Schnee­fahnen oben am Grat können wir erahnen, dass dort gerade anderes Wetter herrscht. Schon am frühen Nachmittag ver­schwindet die Sonne hinter dem Bergkamm und schlag­artig wird es auch hier unten un­ge­müt­lich kalt. Ur­sprüng­lich dachten wir darüber nach, noch weiter zur Ober­staller Alm auf­zu­stei­gen, dafür haben wir die Schnee­schuhe dabei. Die knapp 10 km reichen uns aber auch schon, also wandern wir zurück zum Auto. Die Sonne hatte tagsüber den Schnee auf dem Fahrweg ordentlich angetaut, ganz schnell ist alles wieder gefroren, so dass wir beim Rückweg stellen­weise sehr vorsichtig gehen müssen. Trotzdem gibt es einmal ein blaues Knie. Aua. Unabhängig davon eine schöne, empfehlens­werte Winter­wanderung.

Als Höhepunkt unserer Winter­wander­ausflüge haben wir uns eine anspruchs­vollere Tagestour am Nordhang des Hoch­puster­tals heraus­ge­sucht. Sie kombiniert zwei empfohlene Touren vom Dörfchen Tessenberg aus. Zuerst über eine kaum genutzte Straße, später über einen Forstweg geht es mit ca. 10% Steigung stetig bergauf. Da die vielen Opfer des Borken­käfers schon beräumt wurden, haben wir mehr Aussicht, als der Blick auf die Karte bei der Planung vermuten ließ. Nach einigen hundert Höhen­metern liegt dann fester Schnee auf dem Weg, hier geht es aber noch ohne Schnee­schuhe. Insgesamt haben wir ca. 800 Höhenmeter vor uns. Ab der Fronstadl­alm käme man ohne Schnee­schuhe keinen Meter weit: durch die fest wirkende Harsch­schicht bricht man ein und Ralf ver­schwindet bis fast zur Hüfte im Schnee. Bis zum Sattel am Glinzzipf fehlen uns nur noch mickrige 40 Höhenmeter. Danach sollte es weiter zum Tessen­berger See gehen und von dort über andere Forstwege wieder hinunter ins Tal. Die Sonne hat einige steilere Passagen komplett schneefrei ge­schmolzen, so dass wir alle naselang die Schnee­schuhe an- und ausziehen müssten. Da wir nicht erst im Dunkeln unten ankommen wollen, halten wir uns an die vorher ver­ab­redete Umkehrzeit und laufen zurück zur Fronstadl­alm. Nach einer aus­giebigen Rast mit fantastischer Panorama­aussicht wandern wir unserem Aufstiegs­weg folgend wieder hinunter. Auch ohne den Tessen­berger See eine sehr schöne Tour.

Im "echten" Winter hätte es im Hoch­puster­tal und seinen Seiten­tälern viele Loipen gegeben und wir wären bestimmt auch ein paar Kilometer auf unseren Brettern herum­ge­rutscht. Normaler­weise wäre der Tristacher See oberhalb von Tristach bei Lienz zugefroren geblieben und wir hätten dort Schlitt­schuh fahren können. Wegen Wetter­um­schwung, dichten Wolken und Nebel fallen auch weitere Wanderungen aus. Statt­dessen fahren wir nach Lienz, bummeln ein bisschen durch die kleine Stadt und gehen im Eisstadion aufs Kunsteis, dass wir an diesem Nachmittag mit nur einer Person, einer netten, jungen Ukrainerin teilen.

Für den Abreisetag hatten wir uns noch Eislaufen auf dem Weißensee vor­ge­nommen, "zwischen Dezember und März an rund 80 Tagen die größte Eisfläche der Alpen" (Wikipedia). Das vereitelt jedoch die heran­ziehende Schnee­front. Bis zum Felber­tauern­tunnel ist die Straße noch passabel fahrbar, auf der Nordseite des Alpen­kammes kommt der Winter­dienst mit dem Räumen kaum noch nach. Richtig lustig wird es aber erst an der Passstraße in Richtung Kitzbühel. Nicht nur, dass einige "Ungeduldige" (oder sollte ich lieber "Idioten" schreiben?) sich bei völlig un­ge­eigneten Ver­hält­nissen und Gegen­verkehr gegen­seitig überholen müssen, kurz vor dem Pass sind dann viele Fahrer vollkommen über­fordert. Mehrere Fahrzeuge, auffallend viele mit gelben Nummern­schildern, stehen tatsächlich kreuz und quer auf der ver­schneiten Fahrbahn, fahren aber nicht an den Rand, sondern fangen an, genau dort im heftigen Schneefall ihre Schnee­ketten heraus zu nesteln. Wir sind nach der erholsamen Woche tiefen­entspannt und warten das Treiben geduldig ab, bis sich eine resolute Frau ein Herz fasst und beginnt, den Verkehr langsam um das Knäuel herum zu dirigieren. Zum Glück sind die Fahrer auf der Gegen­fahrbahn sehr kooperativ. Alles gut gegangen. Und schon im Inntal hat der Spuk ein Ende und es sieht fast schon wieder nach Frühling aus.

Auch wenn es etwas mehr Winter hätte sein können, wir geben dem Hoch­puster­tal als Winterziel - schöne Wanderungen findet man dort bestimmt bei fast jedem Wetter.