Chartreuse

Mitte Juni 2022

Die Medien verkündeten eine ungewöhnlich frühe Hitzewelle. Im Haute Jura ließ es sich am See noch gut aus­halten, weiter hinein nach Frankreich wurde es uns aber langsam doch zu warm. Was tun? - "Flucht" nach oben - ca. 0,6°C pro 100 Höhen­meter ist doch schon mal ein Anfang. 🙂

Der markante Gebirgs­stock der Chartreuse nördlich von Grenoble war uns schon bei früheren Reisen aufge­fallen: Vom breiten Tal der Isère (240m über Meeres­spiegel) aus bildet die Chartreuse zuerst eine steile Stufe mit einem Plateau auf knapp über 1000 m, um dann weitere 1000 Höhen­meter bis zum Gipfel­bereich aufzusteigen. Auf dem "Balkon" gibt es einige kleine Ort­schaften und, wie in Frankreich üblich, auch kleine kommunale Camping­plätze (Municipal).

Wenn man die Chartreuse vom Isère-Tal sieht, kann man kaum glauben, dass dort eine Straße hinauf führt. Die Straße hat viele Kehren, ist aber so gut ausgebaut, dass sogar ein normaler Linienbus hinauf fährt. In der Nähe "unseres" Campings in Le Margain drehten wir noch eine kurze Abend­runde zum Wanderweg an der Abbruch­kante, von dem man einen grandiosen Blick hinunter ins Tal und zu den gegenüber liegenden Bergen hat (Panorama).

Vom "Plateau des Petites Roches" gelangt man ins "Innere" der Chartreuse über eine kleine Pass­straße zum Col du Coq. Dort starteten wir am nächsten Tag unsere Wanderung. Der Gipfel des "Dent de Crolles" (2062 m) steckte in den Wolken fest, deshalb entschieden wir uns für den kleineren Gipfel "Pravouta" mit nur 1760 m.

Auf einem kleinen, hübschen Pfad mit viel Aussicht war vor uns eine lustige Kette bunter Punkte unterwegs. Bald hatten wir die Schul­klasse eingeholt. Sehr konzentriert stiegen die Zwerge hinauf. Auch bei ihrer Mittags­rast gab es kein Geschrei oder Gezanke. Sie hatten sich unterhalb des Gipfels ins Gras gesetzt und erst als alle Kinder Essen und Getränke ausgepackt hatten, wünschte man sich gegenseitig "Guten Appetit!" und fíng genüsslich an zu mampfen. Was für eine Idylle!

Nach dem Essen wurde ordentlich herum­getollt und nach einem offen­sichtlich eingeübten Zählreim, begonnen durch die erwachsenen Betreuer, hatten alle ihren Rucksack wieder auf dem Rücken und sich zum Weiter­wandern versammelt. Vermutlich hat die Ganz­tages­betreuung in Frankreich doch ihr Gutes. Vergleich das mal mit einer (west)deutschen Schulklasse.

Wir blieben noch ein wenig am Gipfel sitzen und genossen die Aussicht. Dann wanderten auch wir weiter. In einigen französischen Wander­gebieten gibt es frei zugängliche, kostenlose Übernachtungs­hütten. Die Ausstattung ist ohne jeglichen Komfort. Matte, Schlafsack und Verpflegung bringt man sich mit. Häufig ist in der Umgebung eine eingefasste Quelle zu finden. Weil wir neugierig sind, machten wir einen kleinen Umweg zur Hütte "Habert de Pravouta" unterhalb des Gipfels: Tisch und Bänke, ein kleines Öfchen, Liege­fläche für ein paar Matten. Sehr sauber, keinerlei Spuren von Vandalismus, hier denkt scheinbar jeder Nutzer an die, die nach ihm kommen. Sehr schön, vielleicht müssen wir auch mal eine Mehr­tages­wanderung in Frankreich machen und dabei solche Hütten nutzen.

Der weitere Abstieg führt bequem über einen breiten Weg durch den Wald zurück zum Parkplatz. Wir fuhren vom Pass "Col du Coq" über ein immer schmaler werdendes Sträßchen westlich hinab ins "Innere" der Chartreuse. Hier gäbe es auch noch sehr viel zu erkunden, aber wir wollten diesmal weiter zum Vercors, dem südlich von Grenoble anschließenden Gebirgsstock.